Laut Stadtförster Michael Neuner gibt es in der Branche aktuell entsprechende Bestrebungen und Startup-Unternehmen. Es herrsche »Goldgräberstimmung«. Doch im Stadtwald wolle man zumindest vorerst die Finger von dem Pattern. Das liegt laut Neuner auch daran, dass es lukrative staatliche Förderprogramme gibt, die ein an den Klimawandel angepasstes Waldmanagement fördern.
Um den Lohrer Stadtwald auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, soll vor allem der Anteil der Eiche erhöht werden. Das alles wurde deutlich, als jetzt im Stadtrat die Forsteinrichtung für die kommenden 20 Jahre vorgestellt wurde. Dabei handelt es sich um eine Artwork Fahrplan, der festlegt, wie der Forst in den nächsten zwei Dekaden behandelt und entwickelt werden soll.
Premiere in Unterfranken
Eine solche Planung ist gesetzlich vorgeschrieben. Dennoch ist die neue Forsteinrichtung für den Stadtwald eine Premiere. Sie ist die erste in Unterfranken und womöglich in ganz Bayern, bei der nicht nur die klassische Forstwirtschaft beleuchtet, sondern auch der Aspekt des Naturschutzes.
Das spiegelt sich in einer eigenen Karte wider. In ihr sind naturschutzfachlich relevante Flächen erfasst, von Naturschutzgebieten und diversen anderen Schutzkategorien bis hin zu einzelnen Feuchtbiotopen. Auch jene Bereiche des Stadtwaldes, in denen bei der Bewirtschaftung in besonderer Weise auf seltene Arten wie den Mittelspecht oder den Raufußkauz Rücksicht genommen werden muss, finden sich in der Karte.
Diese integrierte Forstwirtschaftsplanung sei eine »Meilenstein, der uns mal wieder an die Spitze der forstwirtschaftlichen Entwicklung setzt«, sagte Bürgermeister Mario Paul nicht ohne Stolz über das Werk. Für dessen Erstellung hatte der Gutachter Alfred Raunecker über drei Jahre Daten gesammelt und den Stadtwald begangen. Das Ergebnis zeige, dass »ein pumperlg`sunder Wirtschaftswald und Artenschutz miteinander einhergehen können«, so Paul.
Vielfach vorbildlich
In der Tat sprach Raunecker beim Vorstellen seiner Erkenntnisse von einem auf vielen Ebenen vorbildlichen Stadtwald. Dieser sei nicht nur äußerst vorrats- und strukturreich, sondern auch in einem »durchweg guten Pflegezustand«. Die Forststraßen seien intestine in Schuss, die Holzernte möglichst schonend. Auf großen Flächen wachse natürliche Verjüngung. Der als Lebensraum für seltene Arten besonders bedeutende Anteil an Totholz und Höhlenbäumen sei hoch.
Sehr wenig Zäune sind nach Aussage des forstlichen Gutachters Beleg dafür, dass die Jagd an die Bedürfnisse des Waldes angepasst sei. Dies, so Raunecker, sei eine der Hauptstellschrauben für strukturreiche und zukunftsfähige Wälder.
Beim Blick in die Zukunft des Stadtwaldes arbeitete Raunecker klare Ziele heraus. So soll der Anteil der deutlich dominierenden Baumart Buche leicht wachsen. Ein Hauptziel ist, dass die Eiche eine wieder stärkere Rolle spielt. Sie gilt als intestine gewappnet für den Klimawandel. Die im Stadtwald aktuell dritthäufigste Baumart, die Fichte, wird infolge des Klimawandels hingegen wohl zu einer Randbaumart mit vielleicht noch fünf Prozent Flächenanteil. Während die Fichte schwindet, wollen die Förster die Anteile von Tanne und Douglasie leicht steigern.
Auf »Südländer« setzen?
Auf die Frage, ob man bei den Baumarten angesichts des Klimawandels nicht vermehrt auf »Südländer« setzen müsse, warfare Stadtforst-Chef Neuner eher zurückhaltend. Zum einen, so erklärte er, sei bei den nährstoffarmen Böden des Spessarts die Auswahl an brauchbaren Baumarten gering. Zum anderen gelte für große Teile des Stadtwalds aufgrund der naturschutzfachlichen Einstufung als FFH-Gebiet eine Beschränkung auf heimische Baumarten. Die fachpolitische Diskussion darüber, ob diese Vorgabe angesichts des Klimawandels nicht gelockert werden müsste, laufe, sagte Christoph Kirchner vom Karlstadter Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Der Ausgang sei jedoch offen.
Entwicklung beobachten
Doch wie ist es nun mit der Idee, mit dem Stadtwald als Kohlendioxid-Speicher Geld zu verdienen? »Es gibt Angebote«, sagte Stadtforst-Leiter Neuner mit Blick auf Startups, die auf Waldbesitzer zugehen. Das Modell sieht demnach so aus, dass sich Waldbesitzer verpflichten, ihren Holzvorrat anzureichern und so CO2 zu speichern. Über Zertifikate ließe sich dieser Speichereffekt vermarkten.
Neuner erklärte jedoch, dass man im Stadtwald die aktuelle Entwicklung erst einmal beobachten wolle. Später könne man sich gegebenenfalls regionale Associate etwa in der Industrie für einen Zertifikathandel suchen. Denn derzeit, so Neuner, bleibe der Hauptgewinn des Geschäfts nicht beim Waldbesitzer, sondern im Handel hängen.
Johannes Ungemach